Dynamischer Immobilismus |
Zur Dialektik von Kontinuität und Wandel im deutschen Sozialmodell - DFG-gefördertes Habilitationsprojekt Lange galt die Bundesrepublik als das Musterland des Wirtschaftswunders, des politischen Konsensstrebens und des sozialen Friedens. Doch mittlerweile ist Deutschland zum Inbegriff wirtschaftlicher Verkrustungen, politischen Reformstaus und gesellschaftlichen Stillstands geworden. Die Untersuchung stellt der behaupteten Reformunfähigkeit des deutschen Gesellschaftsmodells die These vom dynamischen Immobilismus desselben entgegen, d.h. die Vorstellung, dass es gerade die Stabilität seiner zentralen Institutionen ist, die den Wandel des Modells ermöglicht. Die Basisinstitutionen des deutschen Modells - Soziale Marktwirtschaft und Sozialpartnerschaft, Sozialversicherung und Familialismus, Verbundföderalismus und Verhandlungsdemokratie - werden als inhaltlich unterbestimmte, integrative Kompromissformeln rekonstruiert, deren Konstruktionslogik eine permanente Politik institutionellen Wandels unterhalb der Schwelle "grundlegender Reformen" befördert. Am Beispiel der Umgestaltung des Flächentarifvertrags und der Einführung der Pflegeversicherung wird dieser Modus schleichenden Wandels illustriert. Im Lichte dieser Analyse erscheint Deutschland nicht als eine Gesellschaft im Reformstau, sondern als eine institutionelle Ordnung, die Kontinuität suggeriert, doch den Wandel praktiziert. Publikation: Stephan Lessenich, Dynamischer Immobilismus. Kontinuität und Wandel im deutschen Sozialmodell, Frankfurt/New York: Campus 2003. |
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